Unsere Geschichte

Ein Rückblick auf unsere Vereinsgeschichte von Georg Scheuerlein anlässlich des 40-jährigen Bestehens des Musikverein Berlichingen e.V. im Jahr 2006.

Nachdem unser Dorf bereits im Jahr 2000 seine 1200-Jahrfeier begehen konnte, kann davon ausgegangen werden, dass es schon seit vielen Jahrhunderten musikalische Aktivitäten in Berlichingen gibt. Einen deutlichen Hinweis dafür gibt die Oberamtsbeschreibung von 1883, wo es über unser Dorf heißt: „Die Einwohner, vor hundert Jahren noch vielfach mit fahrendem Musikantenvolk vermischt, das England, die Niederlande und Frankreich durchzog, sind nunmehr sesshafte und ordnungsliebende Bürger geworden, welche aber durch Gewerbe und Handel mehr in den Verkehr der Welt hineingezogen werden, als dies bei der fränkischen Bevölkerung sonst der Fall ist.“


Eine erste schriftliche Erwähnung von Musikanten weist eine Niederschrift aus dem Jahre 1766 im Berlichinger Dorfbuch auf, wo am 13. Oktober desselben Jahres eine Hochwürdige Geistliche Hochverordnete Comißion oder Vıßitation Namens Sr. Hochfürstlichen Gnaden zu Würtzburg nach Berlichingen kam. Sie wurde von der bürgerlichen und der kirchlichen Gemeinde feierlichst am Ortseingang abgeholt. Unter anderem ist „der Schuhlmeister Johannes Bernard Schultz mit seinen Chorsinger und Mußicalische Instrumenten in die Kirch eingezogen.“


In den Beibringungs- und Realteilungsakten des 19. Jahrhunderts, stößt man sehr häufig auf die Berufsbezeichnung „Musikus“ oder „Musiker“. Natürlich waren diese damals noch nicht so organisiert wie unsere heutigen Musikvereine. Sie machten Musik auf eigene Rechnung und spielten bei Hochzeiten, Kirchweihen usw. Bei Bedarf schlossen sie sich zu einer kleinen Musikgruppe zusammen. So werden vor 1920 ein Wilhelm Bopp und etwas später ein Josef Rückert als Dirigent genannt. Dessen Nachfolger wird 1934 Franz Wurst. Aus dieser Zeit stammt auch das älteste Bild einer Berlichinger Blaskapelle. Auf dem Foto, welches auch an einer Schautafel ausgestellt ist, sind als Musikanten zu sehen: Otto Feucht, Franz Hock, Franz Wurst, Alex Rüdenauer, Franz Baierschmitt und Gustav Rückert.


In Kriegszeiten waren die Aktivitäten von Musikkapellen meist lahmgelegt, denn ein großer Teil der Musikanten befand sich im Krieg und für Mädchen und Frauen war die Mitgliedschaft in einer Blaskapelle damals praktisch tabu.


Bald nach dem 2. Weltkrieg fanden sich aber wieder einige Musikenthusiasten, die sich engagierten und in den darauffolgenden Jahren das Fundament legten, auf dem später die Gründer des Musikvereins aufbauen konnten.

Am Faschingsumzug 1951 mit Elferrat und Prinzengarde waren erstmals wieder Berlichinger Musikanten mit von der Partie. Damals mangelte es aber noch an Vielem. Die Instrumente waren meist uralt und Noten häufig nur handgeschrieben, wenn überhaupt welche vorhanden waren Für neues Notenmaterial fehlte einfach das Geld.


1961 begann Otto Reichert bei sich zu Hause im Wohnzimmer jeden Sonntag von 11 h - 12 h einige Jungmusikanten auszubilden. Bürgermeister Feucht stellte auf Antrag im Jahre 1963 den Musiksaal in der neu erbauten Schule als Proberaum zur Verfügung, in welchem die Musikkapelle auch heute noch zwei Mal wöchentlich probt.


Mit unendlicher Mühe und persönlichem Einsatz gelingt es Otto Reichert, eine junge Kapelle heranzubilden. Um der Kapelle den erforderlichen Rückhalt zu schaffen, denkt Otto Reichert im Jahre 1965 an die Gründung eines Musikvereins. Einen hervorragenden Fürsprecher für diese Idee findet er in Bürgermeister Anton Feucht, der schon immer darauf bedacht war, dass die alte Musikertradition in Berlichingen erhalten bleibt. Auch der damalige Pfarrer Willems ist von dieser Idee begeistert. Beim Brückenwirt werden die allerersten Vorbesprechungen für eine Vereinsgründung getätigt.


lm folgenden Frühjahr ist es dann so weit: Am 17. April 1966 - 20 Uhr - ist die Turnhalle „gerammelt voll“, wie man bei uns so schön sagt. Kein Wunder - denn an diesem Abend sollte ein neuer Verein seinen offiziellen Status erhalten. Die junge Kapelle unter der Stabführung von Otto Reichert gibt ihr Bestes. Am Gründungsabend auch mit dabei war unser damaliger Pfarrer Johannes Franz Willems, der es sich nehmen ließ, den weiten anstrengenden Weg von Belgien hierher zu nehmen, um heute beim 40-jährigen Jubiläum anwesend sein zu können. Darüber freuen wir uns alle ganz besonders.


Bürgermeister Feucht würdigte in seiner Laudatio die Leistungen der jungen Kapelle und meinte, jetzt sei es an der Zeit, einen Verein zu gründen, damit die Last nicht nur auf dem Dirigenten liege. Er richtete an die Anwesenden die Bitte, durch ihren Beitritt zum Verein, das Weiterbestehen der Kapelle zu unterstützen und zu sichern Der Appell fiel auf fruchtbaren Boden. Noch am gleichen Abend erklärten circa 100 Anwesende ihren Beitritt.


Auf Vorschlag der Kapelle wurde Kaminfegermeister Heinrich Anker gebeten, das Amt des 1. Vorsitzenden für ein Jahr zu übernehmen. Sein Stellvertreter wurde Wilhelm Zeller. Die Geschäfte des Kassiers und des Schriftführers übernahm Eugen Rathgeb und als Ausschussmitglieder wurden gewählt Günther Blum, Alois Denninger, Max Fichter, Werner Fischer, Johann Kurz und Hermann Sody. Als Vereinsdiener - sozusagen Mädchen für alles, was nebenbei erledigt werden muss - fungierte Wilhelm Henn, den Älteren sicher unter dem Namen Kilian Henn bekannt.


Im Sommer 1967 rüstete sich der noch junge Verein für sein erstes großes Highlight: Neun Kapellen nahmen am Festzug des Vereins teil und die SWEG hat sogar einen Sonderzug mit stark verbilligten Fahrpreisen eingesetzt. Optischer Höhepunkt dieses ersten Musikfestes war nach Eintritt der Dunkelheit ein Lichtermeer auf dem Sportplatz in Form eines bunten Teppichs mit über 2000 Lämpchen. Installiert wurde das bunte Spektakel von Vorstandsmitglied Max Fichter.


Bei der 1. Generalversammlung im Dezember 1967 forderte Pfarrer Willems dazu auf, die Aktivitäten der Jugend auf musischem wie auf sportlichem Gebiet noch stärker als bisher zu honorieren, da eine derartige Förderung sich nur positiv auf den ganzen Ort auswirken könne. Der 1. Vorsitzende Heinrich Anker übergab nach 1 ½ -jähriger Vereinsführung sein Amt an seinen Nachfolger Wilhelm Zeller, der dieses 15 Jahre begleitete.


Das Jahr 1968 hatte eine bittere Pille für den noch jungen Verein parat. Der Dirigent der Kapelle -Otto Reichert - verstarb nach kurzer schwerer Krankheit im Alter von nur 59 Jahren. Der Gründungsvorsitzende Heinrich Anker würdigte den Verstorbenen als einen Menschen, für den die Musik nicht nur ein Hobby gewesen sei. Die Liebe zur Musik habe ihn bewogen, viele Stunden seiner Freizeit in ihren Dienst zu stellen.


Damit die Kapelle nicht lange verwaist bleiben würde, musste schnell ein neuer Dirigent gefunden werden. Mir, der ich zu damaliger Zeit „vom Tuten und Blasen“ nur wenig Ahnung hatte, wurde diese schwere Aufgabe zu Teil. Viel lieber hätte ich mitgespielt, als vorne dran zu stehen, denn bei jedem Auftritt lebte ich immer in der Hoffnung, es wird schon nicht schief gehen. Aber im Laufe der Zeit haben mir die Musiker so Manches erklärt, so dass es auch der Dirigent kapiert hat. Lange Zeit zum Überlegen gab man mir sowieso nicht, denn schon für den folgenden Sommer war wieder ein großes Musikfest geplant, bei welchem an den vier Festtagen 15 Kapellen teilnahmen.


Pfarrer Willems meinte damals in seinem Grußwort, in seiner Heimat spreche man nicht von einem „Musikfest“, sondern von einem „Fest der Harmonie“. Harmonie als Zusammenklang der Töne sei gerade für die Musik notwendig. Er wünschte deshalb nicht nur dem Fest, sondern im besonderen Maße der Berlichinger Musikkapelle immer eine gute Harmonie.


Schon recht bald wurde der MVB Mitglied im Deutschen Blasmusikverband. 1970 nahm die Kapelle zum ersten Mal beim Bezirksmusikfest in Crailsheim teil. Rund 1000 Musiker und weitere Gruppen bildeten einen Kilometer langen Festzug. Beim Wertungsspiel konnte die noch junge Kapelle einen 2. Preis erringen.


Ein 2 Tageausflug führte uns im September 1972 nach Rosenheim. Auf Einladung des Rosenheimer Spielmannszuges beteiligten wir uns an dem dortigen Erntedankfest, welches als zünftiges Volksfest gefeiert wird. Am Sonntag, morgens in aller Früh marschierten wir schon durch die Straßen Rosenheims zum Wecken. Ferner wirkten wir bei der anschließenden Erntedankprozession und der im Freien stattfindenden Bauernmesse mit. Beeindruckend für unsere Musiker war der Auftritt im 6000-Mann-Zelt und für mich persönlich unvergesslich bleibt der riesige 5 Liter Holzbierkrug, der immer wieder neu gefüllt durch die Reihen der Musiker ging. Und meine größte Sorge war: Hoffentlich geht es so lange gut, bis wir mit dem Spielen fertig sind.


Im Herbst 1972 fand in den Räumen unserer Schule von Seiten des Kreisverbandes Hohenlohe ein Lehrgang für Jungmusikanten statt, der nicht nur von Berlichinger Musikern gut frequentiert wurde.


Ein grandioses Musikfest, welches es in Berlichingen vorher und nachher kaum mehr gegeben hat, fand an Himmelfahrt 1973 statt. Neben 22 teilnehmenden Kapellen aus dem näheren und weiteren Umkreis spielte in dem vollbesetzten 2000 - Mann - Kuppelzelt die durch Rundfunk und Fernsehen bekannte „Original Burgenlandkapelle“ auf. Der Spielmannszug aus Rosenheim in Oberbayern, bei welchem unsere Kapelle das Jahr zuvor in einem riesigen Zelt anlässlich des dortigen Erntedankfestes aufgespielt hat, traf damals Samstag bereits morgens um 7 Uhr in Berlichingen ein. Um sie gebührend empfangen zu können, musste ein Großteil der Vorstandschaft erstmal geweckt werden. Ich habe heute noch die dadurch entstandene Hektik vor Augen. Das Musikfest wurde auf jeden Fall musikalisch und auch ökonomisch gesehen ein voller Erfolg, so dass anschließend in der Zeitung folgende Schlagzeilen zu lesen waren: Bier und Stimmung strömten über! “ „Über 10000 Gäste aus nah und fern strömten in den Jagstort“.


Leider verlief die vierzigjährige Geschichte des Vereins nicht ganz problemlos ab. Im Spätherbst 1973 schieden mehrere Musikanten aus, um sich anderweitig musikalisch zu betätigen. 15 Musiker blieben übrig. Für die tatkräftige musikalische Unterstützung aus der Musikkapelle Bieringen in der damaligen Krisenzeit ist der MVB heute noch dankbar. Der Vorstandschaft und dem Dirigenten gelang es innerhalb kürzester Zeit, 18 Jungen und Mädchen zu gewinnen, welche bereit waren, ein Instrument zu erlernen. Für mich war es eine harte Zeit, denn circa zwei Jahre lange war ich wöchentlich fast jeden Abend in Sachen Musikproben und Jungmusikerausbildung außer Haus. Aber: „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg“: Nach diesem Motto und mit tatkräftiger Unterstützung durch die Eltern und der Vorstandschaft konnte in einem relativ kurzen Zeitraum eine neue Generation Musikanten herangebildet werden. Und im Nachhinein gesehen, brachte diese Krisenzeit auch etwas Positives: 30 Berlichinger traten spontan als passive Mitglieder dem Verein bei und der Verein wurde um eine Erfahrung reicher, nämlich, dass man auf dem Weg durchs Leben den Wind nicht immer im Rücken haben kann, sondern dass Gegenwind genauso dazu gehört.


Die früheren weinroten Uniformjacken reichten bei weitem nicht aus; um alle einzukleiden. Deshalb nähten einige Mütter von Jungmusikanten zahlreiche Russenkittel in der gleichen Farbe.


Bei der Jahreshauptversammlung im November 1974 wurde nicht nur die neue Satzung des Musikvereins einstimmig beschlossen. Zum ersten Mal trat auch die junge Kapelle wieder an die Öffentlichkeit und es erklangen an diesem Abend gleich zwei Uraufführungen, die der frühere Dirigent der Stadtkapelle Öhringen, Franz Wirth, extra für die Berlichinger Jugendkapelle komponiert hatte, nämlich die beiden Märsche „Berlichinger Jugend“ und „Jagsttalgrüße“.


Wir schreiben das Jahr 1976.
Der Verein konnte neu formiert und gestärkt seinen 10. „Geburtstag“ begehen. Die „Fränkischen Jäger“ aus dem Würzburger Raum und die „Schwarzachtaler Musikanten“ sorgten neben zahlreichen weiteren Kapellen für musikalische Höhepunkte.


Dass bei den regelmäßigen Vorstandssitzungen nicht immer nur über Blasmusik gesprochen wurde, beweist eine Vereinbarung, die in der Brauereigaststätte Cappel, welche am 12. Februar 1976 nachts um 0.42 Uhr zu Stande kam.
Sie lautet folgender Maßen:
Vereinbarung zwischen den Jägern Werner Fischer, Karl Rohr (Biervertreter) und Patriz Hägele. Sollte einer der oben angeführten Jäger „Waidmanns Heil“ haben und einen Bock schießen, stellt er diesen dem Musikverein zur Verfügung. Das Essen findet im Gasthaus zur Brücke in Berlichingen statt. Sondervereinbarung zwischen den o. g. Jägern: Die Kosten für den zu vertilgenden Rehbock teilen sich die drei Jägerkollegen (auf Ehr und Gewissen). Zeitpunkt der Vertilgung baldmöglichst.
1. Zusatzvertrag: Herr Sattler als geladener Rehbockmitvertilger stiftet das erforderliche Bier.
2. Zusatzvertrag: Die harten Getränke zwecks Verdauung übernimmt Karlheinz Model.
3. Zusatzvertrag: Der Vorstand Wilhelm Zeller übernimmt sämtliche Bierleichen und andere Schäden.
Unterschrieben war das wertvolle Dokument von allen Beteiligten. Die Einlösung dieser Vereinbarung fand am 16. November 1976 in der „Brücke“ statt.


Beim Familienabend im April 1977 wurde der langjährige Schlagzeuger, unser unvergessener Seppi Sommer, für 30 Jahre rhythmische Begleitung vom 1. Vorsitzenden Wilhelm Zeller mit der Ehrennadel des Volksmusikerbundes in Gold und einem Geschenkkorb ausgezeichnet. Leider kann unser ehemaliges Ehrenmitglied Seppi die heutige Geburtstagfeier nicht mehr miterleben wie auch zahlreiche andere aus der Gründerzeit.


Im Sommer 1977 nahm die Kapelle zum zweiten Mal beim Wertungsspiel des Kreisverbands Hohenlohe teil und erreichte dabei einen ersten Rang in seiner Kategorie.


Nachdem unsere Kapelle auch Mitglied in der „Musikvereinigung unteres Kocher- und Jagsttal“ ist, richtete der Verein im Jahre 1979 dieses Musikfest aus. Als Highlight für den Vatertag konnte das Heeresmusikcorps I2 aus Veitshöchheim gewonnen werden. Bei einem „Schöntaler Abend“ am Samstag übten sich die Musikkapellen unserer Gesamtgemeinde im musikalischen Wettstreit. Beim Festzug am Sonntag mit 17 teilnehmenden Musikgruppen traten die Berlichinger Musikanten erstmals in ihren neuen Uniformen auf: Schwarze Hose, rote Weste und grüne Jacke. Bevor die Berlichinger als letzte Gruppe in das Zelt einmarschieren konnten, öffnete Petrus die Schleusen des Himmels, so dass die neuen Uniformen am ersten Tag auch gleich ordentlich „getauft“ wurden.


1980 wurde der 500. Geburtstag des Götz von Berlichingen gefeiert. Hierzu ließ sich auch der Verein etwas Neues einfallen. Im Hof des Stammschlosses wurde bei strahlendem Sonnenschein drei Tage lang das 1. Götzfest abgehalten, dem bis 1989 noch fünf weitere folgten.


Bei der Generalversammlung im Dezember 1981 gab Wilhelm Zeller nach 15 Jahren hervorragender Tätigkeit als 1. Vorsitzender des Vereins dieses Amt an seinen Stellvertreter Karlheinz Model ab.


1983 setzte sich der Mitgliederstand des Vereins aus 48 aktiven Musikern und 137 passiven Mitgliedern zusammen.


Für das Jahr 1984 ist besonders das 5. Götzfest im Schlosshof hervorzuheben, dass über die Pfingstfeiertage viele Besucher nach Berlichingen brachte. Die Blaskapelle Schemmerhofen von der Schwäbischen Alb war zu Gast. Anstatt Bier und Wein wurde bei diesem Fest vor allem Glühwein ausgeschenkt. Denn die Festtage zeigten sich meist regnerisch und kalt. Das diese „Götzfeste“ immer so gut und erfolgreich ablaufen konnten, war ein Hauptverdienst der Familie Model, die den Schlosshof; ihre Räumlichkeiten und Keller zur Verfügung stellten, was durchaus keine Selbstverständlichkeit war.


Vom 28. Mai bis 1. Juni 1986 konnte der Verein in Verbindung mit dem Musikfest der „Musikvereinigung unteres Kocher- und Jagsttal“ sein 20-jähriges Bestehen feiern. Erstmals stand das Festzelt nicht auf der „Langen Wiese“ beim Sportplatz, sondern auf dem Lagerplatz der ehemaligen Ziegelei.


Im April 1987 veranstaltete der Musikverein ein Benefizkonzert. Der Erlös kam dem Sportverein Berlichingen zugute und wurde für das neue Sportheim und den Sportplatz verwendet.


1989 fand wieder ein Götzfest statt. Die Blaskapelle aus Fischbach im Schwarzwald, bei denen man ein Jahr zuvor auf Vermittlung von Pfarrer Willems zu Gast war, spielten bei ihrem Gegenbesuch im Schlosshof auf. Und der Gesangverein von Böhringen auf der Alb trug mit gesanglichen Beiträgen zum guten Gelingen bei. Das langjährige Vorstandmitglied Wilhelm Zeller, der - wie bereits erwähnt - 15 Jahre auch als 1. Vorsitzender gewirkt hat, wurde zum Ehrenvorsitzenden ernannt.


Auch ich musste einen Rückzieher machen. Aus gesundheitlichen Gründen gab ich die Leitung der Kapelle nach über 20 Jahren Dirigententätigkeit ab.


Die Suche nach einem neuen Dirigenten verlief - Gott sei Dank - erfolgreich. Als Übergangsdirigent fungierte der aktive Musiker Günter Schmierer. Mit Werner Baur aus Siglingen engagierte der Musikverein im Jahre 1990 einen Vollblutmusiker von Format und landete damit einen Volltreffer. Seit mehr als 15 Jahren fährt Werner Baur nun schon mindestens zweimal in der Woche bei jedem Wetter, ob Sommer oder Winter, nach Berlichingen, um zuerst die jungen Musikanten und ab 20 Uhr die aktive Kapelle zu betreuen.


Vom 30. Mai bis 2. Juni 1991 feierte der Verein sein 25-jähriges Jubiläum. Am Vatertag spielte im Festzelt German Hofmann mit seiner Ochsenfurter Blasmusik auf. Den Festakt am Samstagabend gestalteten die Berlichinger Musikanten und die Blaskapelle Eberstal. Am Sonntag war der Musikverein Schemmerhofen von der Alb zu Gast, deren Dirigent verwandtschaftliche Beziehungen nach Berlichingen hat. Im gleichen Jahr erspielten unsere Musikanten beim Kreismusikfest in Fichtenberg einen 1. Rang in der Mittelstufe.


Auch zwei Jahre später - 1993 - nahm der Verein erfolgreich am Wertungsspiel teil und brachte einen als Ehrenpreis einen riesengroßen Pokal mit nach Hause. Mit einem dreitägigen Fest feierte 1996 der Musikverein im Festzelt seinen 30. Geburtstag. Werner Baur, der auf eine insgesamt zwanzigjährige Dirigententätigkeit zurückblicken konnte - damals inzwischen schon 5 Jahre in Berlichingen - wurde vom Kreisverbandsvorsitzenden Meinrad Maier mit der goldenen Dirigentenehrennadel ausgezeichnet.


Das Jahr 1999 hielt für unseren Verein zwei besonders traurige Ereignisse bereit: Am 12. August verstarb völlig unerwartet Eugen Rathgeb, der von der Vereinsgründung an bis zu seinem Tod das Amt des Kassiers und Schriftführers begleitete. Unermüdlich und stets äußerst zuverlässig gehörte er praktisch 33 Jahre lang zum nicht wegzudenkenden lebenden Inventar des Musikvereins. Genau eine Woche nach seinem Tod erreichte uns die zweite Hiobsbotschaft: Karlheinz Model, der 16 Jahre dem Verein Vorstand, wurde ebenfalls urplötzlich aus dem Leben gerufen. Beide, sowohl Eugen Rathgeb als auch Karlheinz Model, haben sich in außerordentlicher Weise um den Verein verdient gemacht. Dafür gebührt ihnen posthum unser aller Dank.


Inzwischen hatte Lothar Hägele das Amt des 1. Vorsitzenden inne, welches dieser vor zwei Monaten an Maik Rüdenauer weitergab.


Während in früheren Jahren Konzerte der Blaskapelle im Rahmen eines Familienabends in der Turnhalle stattfanden, wurden nach den 90er Jahren diese nach Rücksprache mit dem Pfarramt in der Adventszeit als Kirchenkonzert dargeboten. Unsere wunderschöne geräumige Kirche und die vorweihnachtliche Stimmung boten zusammen eine wunderbare optische und akustische Kulisse. „Ein Adventskonzert in unserer Pfarrkirche ist mindestens so abwechslungsreich wie ein Plätzchenteller in der Vorweihnachtszeit“, drückte es Maik Rüdenauer bildlich bei seiner poetischen und gekonnten Führung durchs Programm aus. Und eine Schlagzeile in der Zeitung tat auch die Meinung der immer sehr zahlreichen Konzertbesucher kund: Das „Kirchenkonzert des Musikvereins Berlichingen“ hat die „Erwartungen weit übertroffen“.


Eine große Herausforderung für alle Vereine stellte die Durchführung unserer 1200 Jahrfeier vor sechs Jahren dar. Dass alles so hervorragend ablaufen konnte, ist ein Großteil deren Verdienst.


Ein zweitägiger Ausflug führte die Kapelle im Juni 2004 nach Thüringen. In unserer Partnergemeinde Beichlingen nahmen unsere Musiker beim Beichlinger Blasmusikfest teil. Und obwohl sich alles im Freien abspielte und Petrus wiederholt seine Schleusen öffnete, die Beichlinger nahmen dies gelassen, blieben hartnäckig sitzen und hörten zu, bis der letzte Ton verklungen war.


Größere Musikfeste waren noch vor 20 Jahren nicht denkbar ohne ein möglichst großes Festzelt. In heutiger Zeit ist ein Riesenzelt kaum mehr finanzierbar, denn Feste werden ja in der Regel abgehalten, um für die vielseitigen Vereinsaufgaben das nötige Kleingeld zu erwirtschaften. Seit die ehemalige Zehntscheuer zu einem Dorfgemeinschaftshaus umgebaut wurde, veranstaltet der Musikverein daher jeden Sommer ein Dorfplatzfest auf dem Marktplatz und es hat sich gezeigt, dass hier mit weniger Aufwand ein gutes Programm auf die Füße gestellt werden kann.


Bevor ich zum Ende komme, möchte ich noch ein besonderes Fest erwähnen, das inzwischen in die Annalen des Musikvereins eingegangen ist. Es handelt sich weder um ein Geburtstagsfest noch um ein besonders hervorzuhebendes Musikfest. Das Fest, welches sich die Vorstandschaft und die Musiker in den 70er Jahren gönnten, nennt sich schlicht und einfach - „Määche- und Krächefescht“. Wie kam es dazu? Unsere Vorstandsfrauen, die damals schon sehr sparsam mit den Finanzen des Vereins umgingen, erhielten die Hähnchen für das Musikfest tiefgefroren. In den heimischen Badewannen wurden die Viecher aufgetaut. Die im Innern des Geflügels verstauten Mägen und Krägen wurden entnommen und sofort wieder eingefroren zur weiteren Verwendung. Im Backofen von Franz Rathgeb wurden dann später viele hundert Mägen und Krägen zubereitet und beim o. g. „Määche- und Krächefescht“ auf dem Mühlberg mit großem Hallo abgenagt und vollends vernichtet. Das nennt sich Hohenloher Sparsamkeit pur - ja nix verkomme lasse!


In den vierzig Jahren seines Bestehens war der Musikverein immer auch für die Allgemeinheit da. Ob es sich um die Mitgestaltung von Gottesdiensten, Bittgängen oder der Fronleichnamsprozession handelte, oder ob bei den verschiedensten Festlichkeiten musikalische Begleitung gefragt war wie beispielsweise bei Seniorenfeiern, beim Kinderfasching, bei Kinderfesten, bei freudigen und traurigen Anlässen: Die Musikanten waren immer an vorderster Front mit dabei.


Bei all diesen Gelegenheiten zeigt sich immer am deutlichsten: Ein Dorf wäre arm ohne seine Vereine. Sie sind die Macher und Gestalter, sie sind der Motor, die ein attraktives Dorfleben erst ermöglichen.


Georg Scheuerlein am 18. März 2006

Wo die Sprache aufhört, fängt Musik an!

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